Ziegelwerk Schleinbach
Spät aber doch.....bin erst seit heute im Forum dabei !
Es handelt sich um das ehemalige Ziegelwerk Schleinbach im Besitz der Hardegg'schen Guts- und Forstverwaltung.
Standort ist genau zwischen Schleinbach und Unterolberndorf.
Das gesamte Areal in der Größe von ca. 138 500 qm steht heute zum Verkauf.
(Google unter Bauhoffnungsland Schleinbach etc..)
Da ich in Schleinbach aufgewachsen bin sah ich das Werk noch im Vollbetrieb.
Ungefähr 1890 erbaut lag der Ziegelofen am damaligen Schleinbachsee welcher heute jedoch längst ausgetrocknet ist.
Auf einem Deiner Bilder ist ein kleines Transformatorenhäuschen zu sehen mit einem Haus im Hintergrung.
Google Earth 48'25'38 -- 16'29'14
Dies ist die ehemalige Kanzlei des Werkes, also das Büro.
Nördlich davon anschliessend mit dem grauen Dach befindet sich der Wirtschaftshof, also die damalige Garage, Werkstätte etc.
Noch weiter nördlich stehen ebenfalls 2 Gebäude, das kleinere ebenerdig und das letzte mit 1 Obergeschoss. Dies waren die Personalwohnhäuser der
Arbeiterfamilien.
Die heutige Zufahrtsstrasse verläuft dann in nördlicher Richtung und unterquert die Bahnlinie = Schnellbahn nach Mistelbach.
Damals, also 1967 als ich 10 J. alt war, gab es eine Zufahrt südlich der Kanzlei - eine Brücke über die damalige Ostbahn welche in Laa/Thaya endete.
Über diese Brücke wurden auch mit Fuhrwerken (Pferd, LKW) die Ziegel an die Abnehmer geliefert.
Ursprünglich bestand das Werk aus 2 Brennöfen, System Hoffmann, wobei einer eine kreisrunde Form (älter) und der neuere einen ovalen Grundriss hatte.
Der neuere Ofen stand bei > Google Earth 48'25'36' -- 16'29'13', dieser war in meiner Jugend der Hauptofen und immer in Betrieb.
Der Lehm für die Ziegel wurde nordwestlich der Kanzlei abgebaut, mit kleinen Dieselloks zur Ziegelfertigung gebracht und dort mit elektrisch !! betriebenen
kleinen Wagen ähnlich einem Gabelstapler bis zur Beschickung der Öfen gebracht. Das Werk war damals auf dem modernsten Stand der Technik, einzig ein
Verladegleis seitens der Bahn gab es niemals.
Zur Frage die Wichtigkeit der Gebäude im Krieg betreffend kann ich keine Angaben machen, es war in Schleinbach jedoch keine Hauptkampflinie des 3.
Reiches wie etwa im Raum Wien oder Marchfeld. Aber es war ein Ziegelwerk und gebaut wurde auch und gerade im Krieg.
Am Ende des großen Lehmabbaufeldes westlich der Kanzlei gab es damals auch einen kleinen Ziegelteich wo wir im Sommer baden gingen.
Nordnordöstlich am Gelände gab es kleine Höhlen, vermutlich Probegrabungen die Lehmqualität betreffend. Urgeschichtlich wird dieser Platz auch als
Gräberfeld erwähnt.
Der folgende Link ist aus der Homepage der Gemeinde Riedenthal - 2120 Wolkersdorf im Weinviertel
http://www.riedenthal.at/?page_id=128
Das damalige Leben am Ziegelofen war nicht sehr abwechslungsreich da eigentlich immer gearbeitet wurde. Der Samstag war damals ohnehin ein ganz
normaler Arbeitstag, auch natürlich ein Schultag.
Die Volksschule war in Schleinbach bei der Kirche, der Schulweg der "Ziegelofenkinder" daher dementsprechend weit. 6 km hin und zurück werden es wohl
gewesen sein, bei JEDEM Wetter, OHNE Schulbus !! Den gab es noch nicht, also zu FUSS durch den Hohlweg und über Feldwege. Oft waren diese bis zu 1
Meter hoch mit Schnee verweht, keine Eltern da die die Kinder zur Schule brachten !!
Diese Volksschule wurde damals 8-klassig geführt, dh. nach der 8. Klasse war Schulende und man ging meist arbeiten. Lehre war selten, meist Hilfsarbeiter !
In der Schule gab es 2 Klassenräume:
Nr. 1 = 1-4 Schulstufe je in 1 Längsreihe
Nr. 2 = genau das selbe.
1 Lehrer je Klasssenraum wobei der Lehrer in der Nr.2 gleichzeitig auch Direktor war !
Es gab auch eine Hauptschule in Wolkersdorf, diese war jedoch für die "Ziegelofenkinder" fast unerreichbar da es keine Freifahrt gab und der Bus bezahlt
werden musste !!
Noch heute kenne ich viele Söhne und Töchter der damaligen Arbeiter.
Es ist sind fast alle ehrbare Bürger geworden, haben gute Berufe ergriffen und die damalige Heimat nicht verlassen. Sie wohnen in eigenen Häusern in den
Orten rund um das ehemalige Ziegelwerk.
Auf Deinen Bildern sind auch noch alte, niedrige Hallen zu sehen. Diese gab es damals in dieser Größe noch nicht, sie sind die letzten Zeugen der
Ziegelproduktion in Schleinbach.
Der runde Ofen wurde gesprengt und weggeräumt, ca. 1967. Der ovale war noch bis ca. 1973 in Betrieb, wurde dann aber auch stillgelegt.
In dieser Zeit entstanden die vorhin erwähnten Hallen im Vollausbau - sie dienten ausschliesslich der Ziegelproduktion nach den beiden Hochöfen.
Betrieben wurden die Brenner mit Heizöl schwer, giftg und umweltschädigend. Das Werk lief großteils automatisiert, Personal wurde eingespart wo es ging.
Aber auch Lehmvorräte gingen zur Neige, somit wurde das Ende der Ziegelproduktion in Schleinbach eingeläutet.
Nach nicht ganz 100 Jahren war das Werk stillgelegt, die Anlagen standen für immer still und die ehemaligen Arbeiter siedelten ab.
Nur noch einmal kam danach Rauch aus dem riesigen Schornstein. Schwarz und giftig war die Wolke welche über das Land zog. Irgendein dubioser
Unternehmer verbrannte Kabelreste zur Kupfergewinnung im Ringofen. Dies wurde jedoch sofort behörlich untersagt und somit kehrte Ruhe ein.
Ich war danach noch einmal im Brennraum des Ringofens, nichts erinnerte mich mehr an damals. Die Brennkammer war schwarz wie die Nacht von
verbrannten Kabelresten,es stank nach Säure und selbst mit starken Scheinwerfern konnte man nichts sehen.
Kurzzeitig wurde das Gelände auch als Drogenpartyareal missbraucht, danach aber gesperrt.
Bei der Sprengung des letzten Rauchfangs war ich dabei, das Jahr weiß ich leider nicht mehr (event. ca. 1980).
Die restlichen Gebäude waren verlassen und verfielen, nur im grossen Wohnhaus lebten bis heute noch wenige Menschen. Diese haben mit der
Ziegelproduktion jedoch nichts mehr gemeinsam.
Meist südländischer Herkunft arbeiten sie in der Nähe als Arbeiter in einer Schottergewinnung oder am Bau.
Anmerken möchte ich noch dass mein Grossvater mich einige Dinge die Ziegelproduktion im Weinviertel betreffend gelehrt hat. Er war von 1961 bis 1965
Verwalter im Ziegelwerk Schmid in Neubau-Kreuzstetten welches heute noch in der ursprünglichen Form besteht. Dort habe ich auch einige schöne Stunden
verbracht.
Anbei noch zu den Bildern:
1=Stromeinspeisestation für die Elektrokarren auf Schienen.
2=Ehemalige und letzt Produktionshalle für Ziegel.
3=Fundament unbekannt
4=Nachtrockenhalle mit Lüftrohren oben links
5=Lager und Abtransport
6=Lager
Die nächsten..
1=Maschinenraum
2=nicht bekannt....
3= detto, aber ich vermute einen Zugang zu den unterirdischen Heissluftschächten der Brennerei.
4=links sind aufgebroche Luftkanäle
5=Ziegelerzeugung-Maschinenfundamente der Anlage
6= Anlage aus NNW
Der Rest...
1=Wasserbecken und Pumpenhaus
2=Stromeinspeisung für Elektrokarren, unter dem hohen Nasendach lief die Oberleitung !!
Die schräge Rampe ist ein Durchwurfgitterrost für grosse Steine als Trennvorrichtung.
3=Der Haupttransformator, das Werk wurde vollständig mit Strom versorgt. Dahinter rechts die Kanzlei, links die alte Garage/Werkstätte.
In unmittelbarer Nähe befindet sich heute noch der Lagerhausturm, dieser und der nebenliegende Rübenladeplatz hatten in keine Weise jemals etwas mit
dem Ziegelwerk Schleinbach gemein.
An dieser Stelle befand sich damals lediglich ein Tiefbrunnen im Eigentum der ÖBB, er diente zur Wasserversorgung der Tenderdampflokomotiven der
Baureihe 52 - Österreichische Lokomotivfabrik - welche die Ostbahnstrecke von Wien Südbahnhof (Ostbahnhof) bis Laa/Thay beführen.
Dies ist mein Beitrag zum Ziegelwerk Schleinbach, geschrieben aus meinen Erinnerungen an meine Jugend.
Noch Fragen ? Gerne werde ich diese falls möglich beantworten !
LG. Ronald