Fundorte von Saurierknochen in Österreich, speziell in Niederösterreich

josef

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Dinosaurier in Niederösterreich – Struzi und Verwandte
NÖN, 29. NOVEMBER 2022
Alexander Lukeneder

Struthiosaurus
FOTO: Lukeneder

Haben Sie sich schon einmal gefragt, ob es in Österreich echte Dinosaurier gab? Wenn ja, wo waren diese beheimatet und wie groß konnten sie werden? Was verhinderte die Ansiedlung großer Dinosaurier im damaligen Gebiet des heutigen Österreich? Wissenschaftler Alexander Lukeneder liefert eine Erklärung…
Um es gleich vorweg zu nehmen: Viele Dinoknochen gibt der Fossilbeleg in Österreich nicht her! Die letzten Dinoknochen-Funde liegen auch schon über 150 Jahre zurück. Bitte dies nicht mit Saurier Funden zu verwechseln – da konnte ich persönlich in den letzten Jahren einiges dazu beisteuern, wie den Erstnachweis kreidezeitlicher Pliosaurier (132 Millionen Jahre) in den österreichischen Alpen bei Ebensee in Oberösterreich oder die jüngsten Ichthyosaurier (130 Millionen Jahre) aus Österreich überhaupt, gefunden im oberösterreichischen Seengebiet bei Gmunden.

Dies alles sind marine, also im Meer lebende Formen und Vertreter der Saurier. Wenige Zähne belegen zudem noch Reste von kleinen Dinos aus der Kreide-Gosau (90 Millionen Jahre) von Gams bei Hieflau in der Nord-Steiermark. Diese nur 50 Zentimeter großen Winzlinge hören auf den Namen Klauenzahn (Paronychodon) und stammen aus dem Gebiet des UNESCO-Geoparks Steirische Eisenwurzen, sie konnten von Kollegen erst 2019 beschrieben werden.

Durch die großteilige Meeresbedeckung des damaligen Staatsgebietes kann man in Abwandlung der Bundeshymne von „Land der Meere, Land der Zukunftsberge“ sprechen. Zur Zeit der Dinosaurier, dem Erdmittelalter oder Mesozoikum, waren also weite Teile des heutigen Österreich von Meerwasser bedeckt: durch die Tethys, den Penninischen Ozean oder das spätere Gosau-Meer. In diesen Meeresgebieten wurden am Meeresboden die Sedimente als Grundlage für die heutigen Berge gebildet. Zusammengefasst lässt sich also sagen: Es gab zu wenig Land für mächtige Dinosaurier, wie wir sie in unserer Nachbarschaft aus Deutschland, Frankreich und Spanien kennen. Tja, Pech gehabt, könnte man meinen!

Die wohl erstaunlichste und auch weltweit akzeptierte echte Dinosaurier-Fundstelle Österreichs liegt in Winzendorf-Muthmannsdorf im Bezirk Wiener Neustadt-Land in Niederösterreich. Die beiden Gemeinden Hohe Wand und Markt Piesting teilen sich dieses Familien- und Freizeitparadies, rund 1 Stunde südlich von Wien gelegen. Im Jahre 1859 wurde hier, am Fuße der Hohen Wand am Ostrand der Nördlichen Kalkalpen, der wohl bekannteste Dinosaurier Österreichs gefunden – der Namensgeber für „Struzi“. Der Geologe Ferdinand Stolicka und der Paläontologe Eduard Suess untersuchten die kohleführenden Ablagerungen – oder genauer gesagt das Aushubmaterial des Konstantin-Stollens – des Kohlebergwerks Gute Hoffnung westlich von Muthmannsdorf am Felbring.

Nach dem Fund eines Reptilienzahnes stieß man auf Österreichs einzigen Dinosaurier, den Struthiosaurus austriacus. Es dauerte aber weitere 12 Jahre, bis Emanuel Bunzel den Dinosaurier 1871 als solchen beschrieb. Abgüsse der Funde werden seit 1994 in einem Schaukasten in Muthmannsdorf – dem „Kleinsten Sauriermuseum der Welt“ – präsentiert. Im Naturhistorischen Museum Wien haben wir im Schausaal 8 ebenfalls Abgüsse ausgestellt, hier wird anhand von Rekonstruktionen auch gezeigt, wie der kleine, aber wehrhafte Dinosaurier ausgesehen hat.

Die Original-Fossilien dazu werden am Institut für Paläontologie der Universität Wien aufbewahrt. Dem kleinen Niederösterreicher Struthiosaurus austriacus wird heute nach neuen Studien eine träge Bewegungsart als Einzelgänger in den Sumpfwäldern der Oberkreide-Inseln nachgesagt. Nach weiteren Schädeluntersuchungen attestierte man dem armen Dinosaurier außerdem noch Schwerhörigkeit. Naja, man muss ja nicht alles glauben!

Das Fundgebiet liegt in der bekannten Gosau-Mulde von Grünbach. Zusammen mit spektakulären Resten eines Flugsauriers, eines weiteren pflanzenfressenden Dinosauriers und eines möglichen Raubsauriers wurden auch Teile von Krokodilen, Wasserschildkröten und Eidechsen gefunden. So wurden Unterkiefer-Knochen als die eines Iguanodon-Verwandten (heute Mochlodon suessi) identifiziert. Von Struthiosaurus sind Oberschenkelknochen, das Schulterblatt und mehrere verschiedene Panzerstachel und Hautplatten der Becken- und Nacken-Region bekannt. Der kleine Flugsaurier mit rund 2 Metern Flügelspannweite wurde später als Ornithocheirus buenzeli beschrieben. Die Fossilien dieser Flugsaurierart sind nur durch Oberarmknochen, einen Teil des Unterkiefers und wenige Fingerglieder bekannt.

Im Gebiet der Grünbacher Gosau-Mulde kommen die Hippuritenriffe des Santoniums meist an der Basis der Oberkreideabfolge vor. Darüber folgen dann die unter Sammlern bekannten Actaeonellenkalke des Campaniums. Besonders gut aufgeschlossen sind diese im Schneckengartl am Fuße der imposanten Hohen Wand. Sie werden von den kohleführenden Schichten überlagert und wiederum von Sanden und Mergeln mit Ammoniten wie Pachydiscus neubergicus abgelöst. Bedeckt wird das Ganze durch Konglomerate, Inoceramenmergel und Orbitoiden-Sandsteine des Maastrichtiums der Piesting-Formation. Orbitoiden sind Foraminiferen, also einzellige Kammerlinge, die im Meer lebten und auch heute noch leben.

Unweit von Muthmannsdorf kann man durch Schneckenmergel wandern. Das bekannte Schneckengartl bei Dreistetten nördlich von Mutmannsdorf kann man einfach erreichen. Man findet dort auf circa 560 Höhenmetern in der Maiersdorf-Formation den begehrten Actaeonellenkalk mit den typischen hellen Schnecken-Querschnitten.

Kohle und Dinosaurier

Der rund 3 Meter lange Struthiosaurus austriacus lebte vor rund 70 Millionen Jahren auf kleinen Inseln im Oberkreidemeer, dem Gosau-Meer. In der Stufe des Campaniums wurden die Schichten der Grünbach-Formation abgelagert. Das Erscheinungsbild der stark bewaldeten Inseln war dabei von Sümpfen dominiert, in diesen schlammigen Bereichen wurden die Knochen der Saurier und Dinosaurier abgelagert. Heute sind diese Sumpfsedimente mit den darin eingeschlossenen Pflanzenresten in Kohlelagen umgewandelt. Und genau beim Abbau dieser fossilen Steinkohle stieß man 1859 auf die Überreste der Urzeitwesen. Der Fundort ist heute leider nicht mehr zugänglich, weil es sich um historische Schächte und Stollen handelt, die verfallen sind. Die Mehrheit der beschriebenen Fossilien sind aber fossile Pflanzen. Diese sagen etwas darüber aus, wie die Wälder damals ausgesehen haben und, in weiterer Folge, welcher Gestalt das Klima dieser Zeit war.

In den Sumpflandschaften wuchsen bedecktsamige Blütenpflanzen in unterschiedlichen Lebensräumen. Die Fiederpalmen überragten alle anderen Gewächse. Farne und Schachtelhalme bedeckten den Boden in unterschiedlicher Zahl und Gestalt. Die Wasseroberfläche des Süßwassers zwischen den Sümpfen war teilweise schon mit Seerosenblättern bedeckt. Die mittlere Monatstemperatur betrug in den warmen Monaten circa 25 °C, Pflanzen konnten so 8 Monate im Jahr wachsen. Die Niederschlagsmenge belief sich auf circa 1.200 Millimeter im Jahr. Heute beträgt die Jahresmenge für Österreich im Mittel sehr ähnliche 1.100 Millimeter.
Grünbach liegt etwa 10 Kilometer weiter westlich an der Bundesstraße 26. Hier kann man unweit des Segen-Gottes-Stollen ein Hippuritenriff als Naturdenkmal bestaunen. Der Segen-Gottes-Schacht führt in den Nordschenkel der Grünbach-Mulde. Diese wurde vor ca. 85 Millionen Jahren, im Santonium, von Bechermuscheln aufgebaut. Diese Muscheln mit Deckel bevölkerten die Küsten des Gosaumeeres zu Millionen. Das Riff bei Grünbach am Schneeberg ist circa 200 Meter lang. Bekannt wurde besonders der Kohlebergbau dieses berühmten Stollens. Um 1825 wurden diese Kohlelagen entdeckt und daraufhin über Jahrzehnte abgebaut.

Der Name Grünbacher Steinkohlerevier zeigt die Bedeutung, die das Abbaugebiet besonders im 19 Jahrhundert hatte. Es arbeiteten hier in den 1950er-Jahren teilweise über 1.000 Grubenarbeiter, die dabei Förderschächte bis in Tiefen von 1.020 Metern trieben und bis zu 600 Tonnen Kohle täglich förderten. Weil sich der Abbau der Steinkohle sich nicht mehr lohnte, wurde er 1965 eingestellt. Das Gebiet ist also sowohl aus wirtschaftlicher als auch aus wissenschaftlicher Sicht interessant.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Spaß in der Welt der Dinosaurier, man weiß ja nie – vielleicht sind ja gerade Sie der Finder oder die Finderin des nächsten Dinosauriers oder Sauriers auf österreichischem Boden. Passen Sie auf sich auf und bleiben Sie neugierig.

WebTipp
https://www.winzendorf-muthmannsdorf.gv.at/
Struthiosaurus austriacus - Beschreibung, Dinodata.de
"Kleinstes SAURIERMUSEUM der Welt"

https://doi.org/10.1038/s41598-021-03599-9
Dinosaurier in Niederösterreich – Struzi und Verwandte
 
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