Totes Weib - alte Straße zwischen Mürzsteg und Frein

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Wir schreiben das Jahr 1883, an einem Sonntag, den 26. August 1883, machte sich unsere Kaiserin Elisabeth hoch zu Roß, nur in Begleitung eines Reitknechtes vom Jagdschloß Mürzsteg auf den Weg nach Frein. Durch den engen Eibelgraben führte dazumals noch keine Straße sondern lediglich enge hölzerne Stege, auf welchen sich
die Kaiserin mit ihrem Pferd bewegte. Auf dem Rückweg von Frein nach Mürzsteg kam es dann in der engen Klamm zu einem Zwischenfall......


Linzer Volksblatt 31.08.1883 (Quelle Anno Nationalbibliothek)
„Die Kaiserin hatte am letzten Sonntag einen kleinen Unfall, der leicht schlecht hätte ausfallen können. Sie ritt eine Stunde nach ihrer Ankunft in Mürzsteg aus, und zwar bis Frein über's„Todte Weib" und nur in Begleitung eines Reitknechtes. Auf der fliegenden Brücke beim Wasserfall zum„Todten Weib" war nun ein Brett eingesunken, die Kaiserin ritt über diese Brücke, das Pferd kam mit den Füßen ins Loch und stürzte vornüber. Die Kaiserin erhielt sich jedoch im Sattel, bis zufällig anwesende Holzknechte hinzusprangen. Einer davon hob die Kaiserin vom Pferde, die anderen befreiten das Pferd. Die Kaiserin hatte keine Verletzung und theilte eigenhändig Geldbelohnungen aus, und zwar erhielten drei Knechte jeder hundert Gulden und die sechs anderen jeder dreißig Gulden.

Grazer Volksblatt 30.08.1883 (Anno Nationalbibliothek)
* (Ihrer Maj. der Kaiserin) begegnete, wie die „Morgenpost" berichtet, am 26. d. M. gelegentlich eines Spazierrittes in der Umgebung von Mürzsteg ein leichter Unfall, welcher glücklicherweise ohne weitere Folgen verlief. Ihre Majestät hatte Nachmittags in Begleitung eines Bereiters einen Ritt auf dem Fußwege nach Frein unternommen, als am Rückwege beim Passiren einer kleinen Brücke das Reitpferd der Kaiserin mit einem Hinterfuße einbrach und stürzte. Mehrere Arbeiter, welche eben mit der Ausbesserung des Weges beschäftigt waren, eilten herbei, um Ihrer Majestät beim Verlassen des Pferdes behilflich zu sein, worauf auch das Pferd aus seiner gefährlichen Lage befreit wurde. Die Kaiserin setzte sodann, ohne Schaden genommen zu haben, den unterbrochenen Rückweg nach Mürzsteg wieder fort. Die Arbeiter, welche bei dem Zwischenfalle zugegen waren, wurden im Auftrage der Kaiserin für ihre Hilfeleistung reich beschenkt.

Aufgrund dieses glimpflichen Reitunfalles ließ dann Kaiser Franz Josef die Straße durch die Schlucht ausbauen - wohl aber auch um seinen jagdlichen Gelüsten zu fröhnen - um mit dem Wagen bequem von Mürzsteg nach Frein zu gelangen.

Marie Valerie die jüngste Tochter von Sisi ließ dann zum Gedenken an den Reitunfall ihrer Mutter ein Votivbild an dieser Stelle errichten.

Grazer Volksblatt, 1. August 1884 (Quelle Anno Nationalbibliothek)
* (Die Votiv-Tafel der Kaiserin.) Zu der bereits gebrachten Mittheilung über die Aufstellung eines Votiv- Bildes beim„Todten Weib" zunächst Frein wird der„Presse" noch aus Mürzsteg geschrieben: Das Votiv - Bild ist vom Maler Reinhart in Wien gemalt und mit folgenden hübschen Versen versehen:

„Heiliger Georg, Reitersmann,
Der vor Gefahr uns schützen kann,
Der meine Mutter oft beschützt,
Wo keines Menschen Hilfe nützt,
Ich bitte Dich mit Zuversicht,
Verweigere mir die Bitte nicht.
Beschütze stets das theure Leben,
Das mir das Licht der Welt gegeben.


Marie Valerie.
Zur Erinnerung an den 26. August 1883."

Die Aufstellung besorgte der k. k. Oberförster Sperlbauer in Mürzsteg, die Einweihung desselben nahm der Pfarrer von Frein, P. Leander Haring, unter Assistenz des Pfarrers von Mürzsteg am 27. Juli d. I., 3 Uhr Nachmittags, vor. Die Bevölkerung der Gemeinden Mürzsteg, Hallthal und Neuberg hatte sich an dieser Feier zahlreich betheiliget und waren zu derselben außer den Gemeindevorständen der genannten Ortschaften der k. k. Ober-Bergrath Joseph Schmidhammer von Neuberg, dann das ganze dienstfreie k. k. Forst- und Jagd - Personale von Frein, Mürzsteg und Neuberg, nebst vielen Damen und einigen Sommerfrischlern erschienen. Die Bevölkerung von Frein kam in einer Procession mit den beiden Pfarrern an der Spitze auf dem Einweihungsplatze an, worauf der Freiner Pfarrer eine sehr passende und gute Ansprache an die Anwesenden hielt, nach deren Schluß die Volkshymne von der Mürzsteger Musik-Capelle abgespielt und nach der feierlichen Litanei die Einsegnung des Votiv-Bildes vorgenommen wurde. Nach Schluß der Feier begab sich der größte Theil der Anwesenden unter Musikbegleitung auf der nahezu völlig hergestellten neuen Fahrstraße nach Frein.

Das Votivbild existiert heute nicht mehr, es war lange Zeit verschollen bis es in der Forstverwaltung Neuberg auftauchte. Dort befindet es sich jedoch auch nicht mehr,
nach meinen Recherchen wurde es zwischenzeitlich renoviert und lagert jetzt in der Forstverw. Gußwerk.

Am 18. August 1884 wurde dann feierlich die neu Straße durch den Eibelgraben eröffnet....

Neue Freie Presse 22. August 1884 (Anno Nationalbibliothek)
"Die Straße durch die Schlucht des Todten Weibes". Das „Grazer Volksblatt" berichtet: Ein Volksfest wurde am 18. d. M. in der Frein gefeiert. Um halb 9 Uhr wurde ein Hochamt mit Tedeum vom Freiner Pfarrer P. Leander Häring celebrirt. Nach dem Hochamte ging ein Zug, an der Spitze zahlreiche Jungfrauen mit Kränzen, auf der neugebauten Straße durch die wildromantische Schlucht des Eibelgrabens, in dessen Mitte sich der weit bekannte Wasserfall das "Todte Weib" befindet, hinaus zur Eibelgraben-Brücke, dem Anfangspunkte der neuen Straße, wo eine Ehrenpforte an der Brücke errichtet war. Um halb 12 Uhr kamen die Festgäste in neunzehn mit Blumen, Reisig und Kränzen geschmückten Equipagen von Mürzsteg her. Der Ober-Forstingenieur der Forstdirection zu Wien, Herr Ploner, bestieg die mit Kränzen geschmückte Tribüne, um im Name» der Direcion die zahlreichen Gäste zu begrüßen, und übergab hierauf als Bevollmächtigter des Ackerbauministeriums und der Forstdirection die neue Straße dem allgemeinen freien Verkehr. Hierauf gab der Oberförster von Mürzsteg, Herr Rudolph Sperlbauer, eine gedrängte Geschichte der Entwicklung des Weges von Mürzsteg nach Scheiterboden und nach Frein. Erst in den Dreißiger-Jahren wurden durch die Schlucht von den Holzknechten auf Kosten des Gußwerkes die hölzernen Stege angelegt und der Kettensteg beim Wasserfalle gebaut, sechs Jahre darauf der zweite Kettensteg, bis Bergrath R. v. Hampe dann eiserne Träger in die Felswände einsetzen ließ. Im Jahre 1878 wurde der Plan zur Anlegung einer Fahrstraße am rechten Mürz-Ufer der Ausführung näher gebracht. Den größten Anstoß gab die Anwesenheit des Kaisers bei der Hofjagd in Frein. Das Ackerbauministerium wie die Forstdirection hatten ihre verfügbaren Geldmittel für diese Straße bereits erschöpft, als der Kaiser zu diesem Zwecke seine eigene Privatkasse öffnete, damit die Eröffnung der Durchfahrt am 18. August d. J. stattfinden könne. Durch die Eröffnung und die Übergabe dieser Durchfahrt durch die Eibelschlucht nach Frein ist der kürzeste Weg zwischen Mürzsteg und Mariazell geschaffen. Nach Niederösterreich war nur ein sehr weiter Umweg über Niederalpel, Wegscheid und Mariazell möglich, während jetzt ein Wagen ganz gut über Frein, Lahnsattel, Terz nach St. Aegiden verkehren kann.

Namensgebung "Zum Toten Weib" Grazer Volksblatt, 20. Mai 1877
Der Name des 20 Minuten von der Frein entfernten Wasserfalle „Das Todte Weib" hat darin seinen Ursprung, daß ein Weib beim Futterschneiden dort herabfiel und so gleich todt blieb, alles andere ist Phantasie.

In meinem alten Mariazellführer von 1901 (von Emerich Klotzberg) entdeckte ich ein interessantes Bild vom Toten Weib - Wasserfall, so führte dazumals eine hölzerne
Steiganlage bis zur Grotte hinauf, siehe Fotos. Die massive Holzleiter bestand schon vor 1871, da das Motiv von Josef Brunner 1871 gemalt wurde.

Fotos
1 Felswand beim Parkplatz (Südportal des Tunnels) mit Gedenktafeln,
2, 3 Felsinschrift anläßlich der Straßeneröffnung vom 18. August 1884
4, 5 Absturzopfer
6,7,8,9,10 Alte Straße
11,12 Gedenkkreuz, bei Bild 12 erkennt man rechts vom Kreuz im Hintergrund am Felsen die Reste einer alten Holzleiter (oder vielleicht Metall)
13,14,15,16,17 Wasserfall, der ehemalige Zustiegsweg sowie die Trockensteinfundamente zur Steiganlage sind nicht mehr erkennbar
18 Steiganlage von meinem Mariazellführer abfotografiert
19 alte Straße mit Steiganlage, Mutter mit den Töchtern auf dem "Kettensteg" (freies Bild aus dem Netz, ohne Verletzung von Urheberrechten)
20 Brücke und Steiganlage bereits weggerissen (Naturgewalten) Aufnahme vermutlich von 1962 (Quelle Ansichtskarte aus eigenen Besitz)
21, 22 Steg über die Mürz, neben der Straße das Votivbild, mit Miniholzaltar und Holzbrett zum Niederknien um zu beten (Quelle Ansichtskarte aus eigenem Besitz)
23 Votivbild Nahaufnahme (Quelle Ansichtskarte aus eigenem Besitz)
24 Ansichtskarte Frein ( Ansichtskarte aus eigenem Besitz)
25 Gemälde von Josef Brunner von 1871, (Quelle Wikipedia)

In die Höhle gelangt man wenn man die Mürz vom Wasserfall ein Stück stromaufwärts verfolgt (nördliche Richtung) den Bach überquert und den Hang hinaufsteigt.
Hier befindet sich bei einer Felswand ein zweiter Eingang (Ausgang) durch diesen gelangt man auch zum unterirdischen Höhlenbach.

Vielleicht nimmt sich der eine oder andere die Zeit und besucht den kurzen Streckenabschnitt der alten Straße und wandelt auf den Spuren dieses geschichtsträchtigen ehemaligen Verkehrsweges. 010.JPG 01.JPG 02.JPG 03.JPG 04.JPG 05.JPG 06.JPG 07.JPG 08.JPG 09.JPG 010.JPG
 
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Totes Weib - alte Straße
sorry, beim gestrigen Hochladen der Bilder fehlten die Nr. 21,22,23,24,25 jetzt hats geklappt. Bild 19 nicht in der Reihenfolge da es zu groß war,
mußte ich erst zippen.
 

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